Panel VIII. — „Die Verwundetenpflege“

Archäologische Rettungsgrabungen vor dem Bau der Aqualand-Anlage brachten unter anderem auch eine der erstaunlichsten archäologischen Entdeckungen der letzten Jahre bei uns. Man konnte hier das Fundament des bislang größten bekannten prähistorischen Gebäudes auf unserem Gebiet freilegen. Sein charakteristischer Grundriss lässt darin die standardisierte Form eines römischen Krankenhauses erkennen (lat. Valetudinarium). Seine Seitenlängen betragen 71 bzw. 42 m (entspricht 237 bzw. 140 römischen Füßen) und es nimmt eine Fläche von 2923 m2 ein.

Visualisierung des vermutlichen Aussehens des Valetudinariums.

Im Gelände konnte man die archäologischen Belege des Gebäudes nur als Fundamentgräben verfolgen (d. h. unterirdische Teile des Gebäudes). Trotzdem lässt es sich annehmen, dass das Gebäude ohne Verwendung von Ziegeln und Stein gebaut wurde. Einige Teile des Grundrisses wurden leider infolge der Bautätigkeit im Laufe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bereits beschädigt oder komplett zerstört. Die Gesamtgestalt des Gebäudes kann man jedoch relativ genau rekonstruieren. Die erhaltenen Fundamentgräben waren 5 bis 60 cm tief. Ursprünglich waren sie viel tiefer, aber die neuzeitlichen Eingriffe haben die Geländeoberfläche deutlich gesenkt. In diesen Gräben war die hölzerne Rahmenkonstruktion der Wände eingelassen und an Stellen der inneren Tragkonstruktionen (vor allem in den Ecken der Räume) erfasste man tiefere Gruben nach Tragbalken.

In den besser erhaltenen Teilen des Gebäudes konnte man den charakteristischen Grundriss mit der Haupteinteilung identifizieren. Die äußeren und inneren Flügel des Gebäudes waren durch einen Gang verbunden (Breite 3,5 m), der den Zutritt zu einzelnen Räumen ermöglichte. In der Mitte befand sich ein rechteckiger Hof mit den Ausmaßen von 42x14 m (Fläche 617 m2). Der Verlauf der Fundamentgräben verweist auf die grundlegende Achsensymmetrie des ganzen Baus und in der südwestlichen Schmalseite des Gebäudes identifizierte man einen asymmetrisch situierten Eingang.

In der Mitte der gegenüberliegenden Seite, vermutlich der Stirnseite, befand sich der Haupteingang. Der zentrale Korridor, der das ganze Gebäude umgelaufen hat, war mit einem erhöhten Dachaufbau versehen, der zur Lüftung und Beleuchtung gedacht war. Die Gesamtanzahl der Räume kann anhand des rekonstruierten Grundrisses auf 76 geschätzt werden. Die meisten von ihnen waren kleine Räume mit einer Fläche von 13 bis 18 m2, die als Bettenzimmer für 4 bis 8 Patienten gedient haben. Sie befanden sich auf den beiden Seiten eines schmalen (ca. 1,8 m breiten) Raumes oder Ganges, aus welchem man diese Räume betreten hat. Die anderen Räumlichkeiten dienten den Bedürfnissen des Personals, oder als Operationssäle.

Eine Luftaufnahme des freigelegten Fundaments des Valetudinariums.

Das Valetudinarium auf Hradisko repräsentiert einen Typ von römischen Bauten, der von Militärarchitekten zur Zeit des Kaisers Augustus an der Zeitenwende erfunden wurde. Von dem ganzen Gebiet des Römischen Reichs kennt man 14 solche Gebäude, einschließlich dieses Baus in Mušov, und alle von ihnen befinden sich in den größten Legionslagern. Das Militärkrankenhaus in Mušov ist das einzige unter ihnen, das auf feindlichem Gebiet in einer ziemlich großen Entfernung von den Grenzen des Imperiums gebaut wurde.

Interessante Fakten:

Die medizinische Wissenschaft wurde nach Rom von griechischen Gelehrten irgendwann nach der Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. gebracht. In Griechenland hatte die Medizin damals schon eine lange Tradition. Zu einer ihrer Hauptrichtungen gehörte z. B. die Ärzteschule auf der Insel Kos, deren wichtigster Vertreter im 5. Jahrhundert v. Chr. Hippokrates gewesen ist. Andere ausgezeichnete Ärzte haben in der ägyptischen Stadt Alexandria gewirkt. Ihre Kenntnisse wurden nach Rom z. B. von Asklepiades gebracht, dem Gründer der Naturmedizin. Der berühmteste Arzt des Altertums war der Grieche Galenos (gestorben im Jahre 200 n. Chr.), der als praktischer Arzt auf dem kaiserlichen Hof in Rom gewirkt hat. Durch die lateinischen Übersetzungen von einigen seiner ungefähr 300 ursprünglich auf Griechisch geschriebenen Werke wurde das medizinische Wissen an die ganze mittelalterliche Welt vermittelt.

Schema der Holzkonstruktion des Valetudinariums; der Raum zwischen den Balken war vermutlich mit Lehmziegeln ausgefüllt

In Rom verwandelte sich der Beruf des Arztes von einer ursprünglich wenig respektierten Arbeit, die nur für Sklaven und Freigelassene geeignet war, in eine privilegierte Profession. Die Römer kodifizierten zum ersten Mal die Stellung der Ärzte und organisierten systematisch den Medizinunterricht. Die Ärzte auf dem kaiserlichen Hof, in allen militärischen Einheiten, die Gladiatorenärzte und die „Volksärzte“ für die Armen und die öffentliche Hygiene sind von dem Staat bezahlt worden. Bekannt ist ebenfalls eine ganze Reihe von spezialisierten Ärzten, z. B. Zahnärzte, Chirurgen, Operateure, Gynäkologen oder Augen- und Ohrenärzte.

Visualisierung des Interieurs des Militärkrankenhauses.

Medizinische Instrumente findet man relativ oft im archäologischen Fundmaterial auf dem Territorium der griechischen und römischen Zivilisation des Altertums. Sie wurden aus Knochen, Bronze, Eisen sowie Stahl hergestellt. Bekannt sind verschiedene Spateln, Sonden, Spritzen, Katheter, Knochenkratzer, Instrumente zum Ausbrennen von Wunden, Scheren, Zahn- und Wurzelzangen. Unter den Instrumenten findet man ebenfalls Operationsskalpelle, manche von ihnen mit doppelter Schneide, ferner z. B. Pinzetten, Knochenzangen und -sägen, Wundhaken, Nadeln zum Nähen von Wunden, von gynäkologischen Instrumenten z. B. Vaginal-Spekula, Embryotome und Brecher. In Mušov wurde bisher eine kleine Ohrsonde und eine Pinzette gefunden.

Seznam dalších panelů na naučné stezce I

Anzahl Panel Panel Titel Link
I. Alle Wege führen aus Rom Panel I
II. Auf den Wehrmauern Panel II
III. Unser ältestes Bad Panel III
IV. Werkstätten Panel IV
V. So weit das Auge reicht Panel V
VI. Hradisko bei Mušov Panel VI
VII. Das Hafentor Panel VII
VIII. – schaut sich gerade Die Verwundetenpflege Panel VIII
IX. Der erste Römer in Mähren (?) Panel IX
X. Wissen Sie, wer hier vor Ihnen gecampt hat? Panel X
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